Marhaba!
Mein Name ist Karoline und seit 2 Monaten lebe ich in Amman in Jordanien. Ein Land von dem vielleicht einige von euch schon mal gehört haben, das aber die meisten Menschen aus Deutschland gar nicht richtig kennen.
Sätze wie „Geh da nicht hin das ist gefährlich für Frauen!“, oder „Was willst du denn in einem arabischen Land? Da musst du dich den ganzen Tag verschleiern!“ waren keine Seltenheit als ich im Sommer letzten Jahres meinen Freiwilligendienst angekündigt habe.
In meinen 2 Monaten hier kann ich aber bereits sagen, wie schön und leider sehr unterschätzt Jordanien als Land, aber vor allem die arabische Kultur ist.
Das Leben in Jordanien hat wunderschöne Seiten. Ich kann Glück in den kleinen Dingen finden, wie das tägliche Falafel Sandwich für einen halben Dinar (umgerechnet 66 Cent) oder die gut gelaunten Taxi Fahrer, die uns mit laut schallender Arabischer Musik durch die Hügel von Amman fahren. Aber vor allem die Ausflüge mit meinen Freunden durch Jordanien, raus aus der lauten und vollen Hauptstadt, sind für mich die Highlights meines Aufenthalts hier.
Zusammen sind wir schon ans tote Meer gefahren, ausgestattet mit den typischen jordanischen Backwaren als Wegzehrung, mit einem Abstecher in heiße Quellen mitten in den Bergen von Jordanien.
Auch das Schnorcheln verbunden mit einer Bootsfahrt im Roten Meer in Aqaba, war eine wunderschöne Erfahrung und das perfekte Kontrastprogramm zum Stadtleben.
Mich hat aber vor allem die arabische Kultur positiv überrascht.
Spätestens als ich zu einer „kleinen“ Familienfeier (25 Personen) eines Jordanischen Freundes eingeladen wurde, ist mir deutlich geworden wie viel mehr Familie hier an Bedeutung hat, als in der deutschen Kultur. In Amman habe ich noch nie einen obdachlosen Menschen gesehen. Wenn eine Hochzeit oder eine Beerdigung stattfindet, dann kommt auch der Cousin dritten Grades aus Australien angereist um seine Glückwünsche oder Beileidsbekundigungen mit der Familie persönlich zu teilen. Diese Familien- und Gastfreundschaft durfte auch ich genießen, als ich auf einen Familientrip zum Toten Meer oder zum gemeinsamen arabischen Kochen eingeladen wurde.
Das Leben in Amman, in einem arabischen und muslimischen Land, hat viele schöne Seiten. Ich weiß, dass ich das Brot, Falafel und Hummus und vor allem das sonnige Wetter vermissen werde.
Es gibt jedoch auch Dinge in meinem Leben in Jordanien, mit denen ich bis heute tagtäglich zu kämpfen habe. In Jordanien gibt es beispielsweise kein für Ausländer verständliches und funktionierendes System öffentlicher Verkehrsmittel. Das schränkt uns in unserem Alltag und unseren Freiheiten das Land zu erkunden sehr ein. Obwohl der Verkehr mit Taxis hier um einiges preiswerter ist, sind wir sehr an Amman gebunden.
Zudem gibt es in Jordanien sehr viele Streuner. Hauptsächlich Katzen die auf den Straßen leben und von Jordaniern gefüttert werden, weil diese als sehr rein und edel angesehen werden.
Aber leider auch viele streunende Hunde, die in der arabischen Kultur oftmals als dreckig und wertlos betrachtet werden. So entsteht viel Leid für Hunde in Jordanien, die oftmals in Massenschießereien in abgelegenen Orten enden. Ich habe bis jetzt mehrmals in einem der wenigen Tierheime in Amman ausgeholfen und grausame Geschichten über den Umgang mit Tieren und das damit entstehende Tierleid erfahren. Ich hoffe sehr, dass die sogenannten „catch, neuter and release“ Programme bald mehr an staatlicher Förderung und öffentlichem Zuspruch finden. Ich habe aber gemerkt, dass die Arbeit mit den Tieren mich sehr erfüllt und ich das Gefühl habe etwas gutes zu tun.
Leider trifft das nicht auf meine Arbeit mit meiner Organisation hier in Amman zu. Die Organisation heißt I-Dare und hat es sich zur Aufgabe gemacht junge Menschen zu unterstützen. Ein Teil von IDare ist das sogenannte C-Hub, eine Werkstatt in der normalerweise Workshops für junge Menschen angeboten werden sollen und der Ort wo ich stationiert bin.
Leider funktionieren durch einen momentan mehrmonatigen Umbau der Werkstatt die genannten Workshops derzeit nicht, aber auch sonst habe ich leider das Gefühl das durch einen Mangel an Kommunikation und Selbstreflexion die genannten Ziele nicht erfüllt werden können.
Am Anfang hat mich das natürlich sehr gestört. Ich hatte sehr viele Tiefpunkte in den ersten Wochen, auch weil wir Freiwilligen uns nicht gut eingeführt und aufgenommen gefühlt haben.
Zunächst habe ich versucht gegen die Strukturlosigkeit anzugehen und habe Vorschläge für mögliche Projekte meinerseits gemacht. Leider wurden diese sehr schnell auf sehr unprofessionelle Weise abgelehnt und so habe ich dann in den ersten Wochen mir hauptsächlich meine eigenen persönlichen Aufgaben gesucht. Auch das wurde von meiner Organisation kritisiert und so fühle ich mich gerade etwas unwohl in dem Arbeitsumsfeld.
Auch weil ich das Gefühl habe, dass IDare mehr damit beschäftigt ist darüber zu reden wie sie jungen Menschen helfen wollen und davon auf Social Media zu berichten, als dass sie jungen Menschen helfen.
Für mich ist das sehr schade, weil ich das Leben in Amman sehr genieße. Es gibt viele Sportaktivitäten und ich hab schon einige Freunde hier treffen dürfen. Ich durfte schon sehr viel lernen in dieser neuen Stadt und der mir bisher fremden Kultur und es waren sehr aufregende 2 Monate, die aber emotional auch sehr belastend für mich waren.
In diesen zwei Monaten habe ich sehr viel gelernt. Wie ich alleine zurechtkomme und mich auch bei Problemen durchkämpfen kann. Ich bin dankbar für diese Lebenserfahrungen die mich mein ganzes Leben prägen werden.
Ma‘assalama!
Karoline
Karoline verbringt ihren Freiwilligendienst bei I Dare, ihr Projekt wird kofinanziert von der Europäischen Union.
Die in diesem Bericht ausgedrückten Eindrücke und Meinungen spiegeln ausschließlich die Eindrücke und Meinungen der Freiwilligen wider, nicht die unseres Vereins.