Erik in Balvi, Lettland // 2. Bericht

Čau!

Wie angekündigt ist es nun Winter. Minus grade sind gerade unser tägliches Brot genauso wie die graue Wolkendecke am Himmel. Schnee liegt wirklich überall und gehört eigentlich schon zum Alltag. Es ist eine schöne Abwechslung zwischen dem Grau der Gebäude und der Wolkendecke. Wenn hier jemals die Sonne zu sehen ist, dann wird es direkt zum Highlight des Tages. Sie geht aber leider schon gegen halb 4 wieder unter. Kein Wunder mangelt es hier den Menschen an Vitamin D und jeder schiebt Depressionen deswegen.

Der November ist für in Lettland der wichtigste Monat im Jahr und das merkte man richtig. Überall werden Flaggen aufgehängt und jeder trägt kleine Anstecker. Auf einmal wundert es mich, wo denn überhaupt so viele Menschen herkommen. Davor habe ich noch nie so viele Leute auf den Straßen gesehen. Im Gegensatz zu Deutschland spürt man hier eine richtige Verbundenheit zum Land, dessen Leute und Geschichte. Das hat vor allem mit dem Nationalfeiertag am 19.11 zu tun. Für diesen sind wir extra nach Riga gefahren, um es mit möglichst vielen Leuten erleben zu können. Genau das taten wir dann auch, als wir zusammen mit anderen Freiwilligen gemeinsam Konzerte, Lasershows und die Rede des Präsidenten anschauten. Man fühlte sich als Teil der Bevölkerung, als man zusammen mit vielen Einheimischen dort teilnahm. Teilweise konnte ich die Leute um mich rum auch sprachlich verstehen, da wir endlich Lettisch Unterricht haben. Die Aussprache macht einem wirklich zu schaffen, aber Schritt für Schritt kann ich mich verbessern. Vokabeln lernen ist dabei das A und O.

Nach etlichen Trainings im Volkstanz wurde es dort so langsam ernst, denn Anfang Dezember hatte ich dann meinen ersten Auftritt. Dafür wurden wir alle erstmal in traditionelle Klamotten eingekleidet und dann ging es ab auf die Bühne. Für mein aller erstes Mal lettischer Volkstanz auf der Bühne vor Zuschauern lief es wirklich gut. Das Video davon ist echt ein Highlight. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es ein echt einzigartiges Erlebnis war. Das war Kultur pur zum Genießen.

In meiner Freizeit hat sich außerdem viel geändert. Natürlich gehe ich noch regelmäßig in den Volkstanzunterricht, aber Fußball wird mittlerweile nicht mehr gespielt, da es draußen einfach viel zu kalt ist. Stattdessen gibt es nun Futsal in der Halle, was mir super viel Spaß macht. Außerdem nahm ich an einen Tischtennis Turnier teil, wo ich 3. Platz wurde und vor allem mit anderen Spielern Kontakt aufnahm, die in der Top 100 Lettlands sind. Ab sofort kann ich mit denen trainieren und auch wieder aktiv im Tischtennis sein, was ich echt gebraucht habe.

Meine Freizeit am Wochenende ist stark von unseren Treffen mit den anderen Freiwilligen in unserer Nähe beeinflusst. Praktisch jedes Wochenende treffen wir uns aus verschiedensten Anlässen. Dabei genießen wir Gerichte aus den unterschiedlichen Ländern und verbringen verdammt viel Zeit mit Kartenspielen. Auf unseren Besuchen in Riga treffen wir uns auch immer mit den anderen Freiwilligen. Sei es zu Geburtstagen oder zu Hauspartys mit ca. 40 Freiwilligen in einer WG. Mittlerweile kennt man so viele Freiwillige in Lettland, dass man dabei echt den Überblick verliert. Generell besuchten wir Riga noch öfters, denn Anfang Dezember eröffnete dort der Weihnachtsmarkt. Dieser hat einfach ein ganz anderen Vibe, denn er liegt eingebettet in der Altstadt mit schönen kleinen Ständen. Aber das Wichtigste an dem Weihnachtsmarkt ist der Schnee. Wenn auf dem Boden und den Dächern Schnee liegt, wenn es währenddessen noch schneit, dann fühlt es sich tausendmal mehr nach Weihnachten an als ohne.

Die Arbeit in den Jugendzentren war natürlich geprägt von der Weihnachtsstimmung. Viele Events wurden in Verbindung mit Weihnachten veranstaltet. Sei es Workshops für Fröbelsterne oder Plätzchen backen. Ausstecherle, Vanillekipferl und weitere Plätzchen wurden ohne Waage gebacken, was erstaunlicherweise trotzdem gut funktionierte. Es gab weitere Weihnachtsevents, goldige Aufführungen im Kindergarten und ein abschließendes Treffen mit unseren Mitarbeitern, bevor jeder einzelne Weihnachten mit seiner Familie feierte.

Weihnachten verbrachte ich nämlich nicht in Lettland, sondern in der Heimat. Dabei traf ich wieder meine Freunde und Familie, was wirklich schön war. Dabei wurde viel geredet, gemeinsam einiges unternommen und Silvester gefeiert. Es tat gut wieder daheim zu sein in seinem bekannten Umfeld. Das Einzige, was ich nicht vermisst habe, war, dass mich jeder verstanden hatte und ich jeden verstehen konnte. Als es dann wieder auf die Rückreise ging, schaute ich auf die Wetter App und musste feststellen, dass es –20 Grad hatte. Angekommen in Lettland war es wirklich unglaublich kalt. Zum Teil reichten die Temperaturen bis zu –30 Grad. Da gilt die Devise: Nur raus gehen, wenn es wirklich nötig ist und dann so dick einpacken wie möglich. Das einzig gute an den Temperaturen ist die strahlende Sonne, die den reichlich vorhandenen Schnee zum Glitzern bringt. Wenn es doch nur ein bisschen wärmer wäre, dann könnte man es echt genießen. Gut, dass es die nächsten Monate mindestens genauso kalt werden kann.

Ob ich mittlerweile erfroren bin und wie die restlichen Wintermonate für mich verlaufen sind, könnt ihr dann im nächsten Bericht in 2 Monaten erfahren…

Čau!

 Erik verbringt seinen Freiwilligendienst in der NGO Kalmārs, sein Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.