Julia in Tbilisi, Georgien // 2. Bericht

Zwei Monate ist es jetzt her, dass ich meinen letzten Bericht geschrieben habe, und ich muss wirklich sagen: Die Zeit verging wie im Flug!

Mitte November fuhren wir auf unser On-Arrival Training nach Bakuriani, einem Skiresort in den Bergen westlich von Tbilisi. Das Wetter dort war ziemlich ungewohnt für uns: während es in Tbilisi bis Mitte November noch jeden Tag 20° hatte, transportierte uns der Minibus plötzlich in die kalten und verschneiten Berge Georgiens. Auf dem Training hatten wir die Chance, viele andere Freiwillige aus Georgien und Armenien kennenzulernen und enge Kontakte zu knüpfen. Durch eine Schneeballschlacht und Schneemannbauen haben wir das eisige Wetter mit unseren neuen Freunden auch gleich gut genutzt! Teil des On-Arrival Trainings war auch ein Tagesauflug in das nahegelegene Borjomi, berühmt für sein mineralhaltiges Quellwasser mit zugegeben gewöhnungsbedürftigem Geschmack. Leider hat es im tiefergelegenen Borjomi nicht geschneit wie in Bakuriani, sondern geregnet, sodass wir alle etwas durchnässt waren. Doch der Tag hatte trotzdem ein großartiges Ende: zurück in Bakuriani haben wir in einem Restaurant alle teil an einer traditionellen georgischen Supra genommen, einer Art Festmahl mit besonderen Fokus auf die Gemeinschaft. Dort wurden uns viele leckere georgische Speisen aufgetischt.

Direkt nach dem Training ging es für uns rasant weiter: wir sind umgezogen! Statt im Norden Tbilisis leben wir jetzt in einem zentraler gelegenen Univiertel. Mir gefällt unser neues Viertel wirklich sehr. Wir haben viele kleine Läden, Cafés, Imbisse und Restaurants jetzt ganz nah bei uns, sowie einen großen Sportkomplex in der Nähe mit Schwimmbad, Eislaufhalle und vielem mehr inbegriffen.

Anfang Dezember hatten wir dann eine riesige Chance von unserem Chef bekommen. Wir wurden in den Sitz der Präsidentin eingeladen und durften an einem ihrer Empfänge teilnehmen! Anlässlich des International Day of Volunteering lud sie zu sich ein. Dort durften wir eine Rede von ihr hören und Teil am Empfang nehmen. Ein Foto mit ihr haben wir natürlich auch gemacht.

Kurz darauf konnten wir Freiwillige an einem Kochkurs teilnehmen, der uns von einer Partnerorganisation angeboten wurde. In der Küche der Organisation wurden wir erstmal mit himmlischen, frisch gebackenen Lobiani und Khachapuri – warme Brot mit Bohnen und Käse – empfangen. Darauf wurde für und mit uns gekocht. Es gab Caesar Salad und Beef Stroganow.

Die Vorweihnachtszeit in Georgien war insgesamt sehr gemütlich. In den Straßen Tbilisis wurden viele schöne Beleuchtungen aufgehangen. Und anders als in Deutschland war das Wetter definitiv angenehmer. Es war wärmer, die Sonne schien und es wurde nicht so früh dunkel. Es ist ein wahres Luxusgefühl, am ersten Dezember aus dem Haus zu gehen und die Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht spüren zu können. In diesem Zeitraum gab es auch eine für die Georgier riesige Neuigkeit: Georgien ist nun EU-Beitrittskandidat! Auch wenn eine Aufnahme damit noch nicht feststeht, die Verhandlungen erst in Jahren beginnen können und es in Georgien selbst noch viel aufzuholen gibt, war diese Zusage der EU unfassbar wichtig für die Georgier.

Nachdem ich über Weihnachten fast zwei Wochen wieder zu Hause verbracht habe, bin ich Anfang Januar wieder nach Georgien zurückgekehrt. Da Georgien orthodox ist, wird Weihnachten erst am 7. Januar gefeiert. Es war ziemlich verwirrend, als ich deswegen zum ersten Mal auch nach Silvester in einen Supermarkt gegangen bin und dort plötzlich Last Christmas gehört habe.

Kurz nach meiner Rückkehr stand direkt der nächste Trip an. Zusammen mit anderen Freiwilligen sind wir für fünf Tage nach Gudauri, einem Skiresort im Norden Georgiens, gefahren. Auch hier durften wir uns klimatisch erstmal umstellen: aus dem mittlerweile zwischen 0 und 10 Grad pendelnden Tbilisi fuhren wir in den verschneiten, eisig-kalten großen Kaukasus. Auf über zweitausend Metern Höhe konnten wir die wirklich majestätische Natur des großen Kaukasus erleben. Ein Highlight des Skitrips war ein Tagesausflug, der uns noch weiter nördlich führte. Entlang der alten georgischen Heeresstraße fuhren wir bis nach Stepantsminda, einer kleinen Stadt nur 12 Kilometer vor der russischen Grenze entfernt. Dort thront auf einem Berg die Gergetikirche, eines der berühmtesten Ausflugsziele Georgiens. Die Kirche mit Ausblick auf das umliegende Gebirge im verschneiten Winter zu sehen war wirklich eindrucksvoll.

Seitdem wir von unserem Trip zurück sind, hat für uns wieder der mittlerweile normale Alltag begonnen. Heißt: zweimal pro Woche Georgisch Unterricht und Arbeiten bei JamNews. Nachdem wir alle mittlerweile das georgische Alphabet lesen können, auch wenn es zwischenzeitlich noch etwas holpert, haben wir angefangen, georgische Grammatik zu lernen. Im Alltag sitzen mittlerweile die wichtigsten Phrasen, jetzt geht es darum, erste, leichte Konversationen führen zu können.

Die Arbeit bei JamNews macht mir weiterhin viel Spaß. Neben der Arbeit am YouTube Kanal wurde mittlerweile auch mein erster Artikel veröffentlicht, momentan arbeite ich an meinem zweiten. Zwar fällt mit immer wieder auf, dass ich bei der Recherche und Themenfindung auf Sprachbarrieren stoße und mir oft wichtiger Kontext fehlt, jedoch möchte ich mich davon nicht entmutigen lassen. Nachdem ich meinen zweiten Artikel fertig geschrieben habe, habe ich weiterhin vor, eine kleine Dokumentation zu machen.

Insgesamt habe ich mich in den letzten zwei Monaten hier nochmal richtig eingelebt und fühle mich mittlerweile sehr wohl hier. Ich merke, wie wir Freiwilligen ein immer größeres Netz an Bekanntschaften knüpfen. Es ist toll, sich in der Stadt und auch insgesamt im Land mittlerweile auch eigenständig einigermaßen zurechtfinden zu können. Da mich bald einige Freunde besuchen kommen, denke ich auch oft darüber nach, was ich ihnen alles zeigen kann und freue mich sehr darauf, ihnen einen Einblick in das georgische Leben geben zu dürfen.

Für die kommenden sechs Monate habe ich mir fest vorgenommen, nochmal jeden Tag richtig zu nutzen. Mir ist aufgefallen, dass es immer noch Ecken von Tbilisi gibt, die ich gar nicht richtig kenne. Und es gibt so viele Städte, Dörfer und Sehenswürdigkeiten in Georgien, die ich noch sehen muss. Hoffentlich kann ich schon im nächsten Bericht von vielen Reisen berichten!

Nakhvamdis und bis bald!

Julia

Julia verbringt ihren Freiwilligendient bei GoGroup mit Unterstützung von Youth Association DRONI, ihr Projekt wird kofinanziert von der Europäischen Union.