Louisa in Blanes, Spanien // 2. Bericht

Ich fühle mich immer wohler hier im Garten und habe mich schon oft gefragt, ob ich in meinem Leben je wieder eine Arbeitsstelle mit so viel Abwechslung und so tollen Kolleg:innen haben werde, wie hier. Gerade bei der Gartenarbeit steckt mich die gute Stimmung von den Gärtnern so schnell an! Zum Beispiel jetzt im Winter, wo auch kaum Besucher:innen im Garten sind passiert es dann schonmal, dass wenn ich einen Gärtner nach spanischen Musikempfehlungen frage, er anfängt laut los zu singen und von seinem Handy aus Musik anzumachen die man durch den halben Garten hört. Dann müssen die Setzlinge neben uns auf dem Boden natürlich noch ein paar Minuten warten, bis wir fertig das Tanzbein geschwungen haben. Nach drei Tagen Arbeit im Garten freue ich mich aber auch immer sehr auf die Bürotage. In unserem aktuellen Projekt, bei dem wir Infotafeln beschreiben und im Garten aufstellen, habe ich das Gefühl, richtig aufgehen zu können. Wir arbeiten dabei sehr selbstständig und frei, da wir uns selber zum Garten passende Themen überlegen können, die uns interessieren und über die wir informieren wollen. Dazu recherchieren wir dann ausführlich, im Internet und durch Gespräche mit den Gartenmitarbeiter:innen und können uns dann auf den Tafeln künstlerisch ausleben, indem wir die Themen so gut wie moeglich einfach, runtergebrochen und ansprechend darstellen. Auf der Tafel wird dann noch ein QR Code installiert, über dessen Link man zu unseren Texten kommt, in denen wir das jeweilige Thema ausführlich für die Besucher:innen des Gartens aufbereiten. Ich fand es zum Beispiel super interessant mich damit auseinanderzusetzen, inwiefern ein botanischer Garten einem natürlichen Ökosystem nahe kommen kann oder mehr über die uralte Pflanze Cycadopsia Cycadales herauszufinden, die aktuell vom aussterben bedroht ist und deswegen hier in Marimurtra einen besonders hohen Stellenwert hat. Falls ihr Lust habt, euch das mal anzuschauen, hier der Link:

https://marimurtra.cat/nomad-blackboard-cicadals/ 

Die Weihnachtszeit in einem anderen Land zu erleben war auch etwas neues fuer mich. Am Anfang fand ich es total schwierig, in Weihnachtsstimmung zu kommen, wenn man auf dem Weg zum Plätzchen Zutaten kaufen noch an der Strandpromenade mit Palmen und blauem Himmel vorbeiläuft. Aber spätestens die katalanischen Weihnachtstraditionen haben dann meinen Humor getroffen. Die fuer Katalonien typische, sich kackend hinter einem Baum versteckende Krippenfigur mit dem Namen Caganer kam auch zuhause als Weihnachtsgeschenk sehr gut an. Was ebenfalls ungewohnt, aber im Nachhinein auch sehr witzig und schön war, war die Weihnachtsfeier im Garten, bei der tatsächlich gegrillt wurde. Nach der nun 5 Jahre alten Tradition bringen die zwei deutschen Freiwilligen dabei immer selbstgemachten Glühwein mit, der bei 15 Grad auch etwas ungewohnt zu trinken ist, aber trotzdem sehr gut ankam. Nachdem wir den übrig gebliebenen Glühwein in Flaschen abgefüllt haben, sind wir dann noch in ein kleines Fettnäpfchen getreten. Wir wollten nämlich eine dieser Glühweinflaschen dem Chef des Gartens schenken, da er uns schon so oft davon vollgeschwärmt hatte. Deswegen haben wir ihm eine extra schöne Weinflasche mit einer witzigen Ziege drauf rausgesucht und nach lautem Gelächter der umstehenden Personen hat er uns dann erklärt, was das Wort Cabrón bedeutet, was groß vorne auf der Flasche stand.

upsi.. jetzt wissen wir Bescheid fürs nächste Mal.

Ein weiterer Tag, der etwas anders gelaufen ist, als gedacht, war unser Versuch, durch Schlittschuhlaufen auf einer der vielen künstlichen Eisflächen in Barcelona in Weihnachtsstimmung zu kommen. Wir hatten ein Video von einer Eisfläche gesehen, die auf dem Stadtberg Tibidabo liegt und von der man eine wunderschöne Aussicht über ganz Barcelona hat. Also haben wir uns auf den Weg gemacht und als wir an der Straßenbahn Station ausgestiegen sind, haben wir uns gedacht, dass der nahe gelegene Park ja bestimmt eine super Abkürzung für unseren Weg ist. Nachdem wir uns schon etwas gewundert hatten, dass die Wege immer unbenutzter und mehr nach Baustelle als  nach Park aussahen, haben wir oben angekommen gemerkt, dass die Gartentüren durch die man wieder aus dem umzäunten Park rauskommt abgeschlossen sind. Nach ein bisschen hin und her laufen haben wir dann ein Tor gefunden, unter dem wir drunter durch krabbeln konnten, um wieder auf den Hauptweg zu kommen, was von den restlichen NutzerInnen der Straße auch nur mit leicht verwirrtem  Blick gestraft wurde. Weiter oben haben wir dann gemerkt, dass die Seilbahn, die wir den Berg hoch nehmen wollten, sehr viel teurer ist als gedacht und uns kurzerhand entschlossen, dann halt eine zweistündige Wanderung Tour den Berg hoch aus unseren bisherigen Plänen zu machen. Wir haben die Wanderung sehr genossen, gerade weil man mit der Zeit immer öfter über die riesige Stadt und bis zum Meer gucken konnte und waren auch beeindruckt, wie schnell man aus der eng bebauten Großstadt auf diese Art in die Natur kommen kann. Oben angekommen haben wir dann die Eisfläche vorgefunden, die zwar von der Aussicht her wirklich sehr schön gelegen war, allerdings sehr viel kleiner als gedacht und auf der nur drei bis fünfjährige Kinder rumgestolpert sind. Deswegen haben wir uns dann entschieden, doch lieber ein Eis zum Essen zu holen, die Wanderung Revue passieren zu lassen und die Flugzeuge, die im Minutentakt am Flughafen landen, von oben zu beobachten.

Außerdem habe ich in Barcelona letztens mit einer Freundin einen kostenlosen Kombucha Kurs mitgemacht. Das ist ein fermentiertes Tee-Getränk, was man, wenn man im Besitz seines ersten Scoobys ist, super einfach selber machen kann. Ein Scooby ist quasi der Tee-Pilz, der dann nach einiger Zeit das Getränk gären lässt. Mit unseren zwei Scoobys im Gepäck sind wir dann abends auf dem Fahrrad durch Barcelona zum Bahnhof gedüst und mit einer Person auf dem Gepaecktraeger die Fahrradwege Barcelonas unsicher zu machen hat mich schon auch nicht mehr wie eine Touristin in dieser Stadt fühlen lassen.

Auch in Blanes macht sich ein warmes Zuhause-Gefühl breit, ich habe jetzt schon meine eigene Inlinerstrecke, die Strandpromenade runter, etabliert, die immer, wenn ich einen Tag nochmal ein bisschen Bewegungsdrang habe, genutzt wird. Und wenn einem dann noch auf dem Weg zur Arbeit die Gemüseverkäuferin von nebenan, die mit einem Motorrad vorbeifährt, zuruft “ hola guapas que tal?”, dann fühlt man sich wirklich schon sehr angekommen:)

Louisa verbringt ihren Freiwilligendienst bei Carl Faust Foundation im Botanischen Garten Marimurtra. Ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.