Als ich mich in Balvi in den Bus gesetzt habe und mich von den letzten Leuten verabschiedet habe, fing ich an zu realisieren, dass es nun endgültig vorbei ist. Meine Zeit in Lettland ist zu Ende und es geht wieder zurück nach Hause. Ich hatte gemischte Gefühle, als ich mich auf den Heimweg machte, denn zum einem war ich froh wieder daheim zu sein und meine Familie und Freunde endlich wiederzusehen. Zum anderen war es ein komisches Gefühl meine neue Heimat der letzten 10 Monate einfach wieder zu verlassen, ohne zu wissen wann ich jemals wieder nach Balvi zurückkehren werde. Ich glaube dieses komische Gefühl ist gut, denn es zeigt, dass ich sehr glücklich über meine Zeit in Lettland bin.
Die Leute vor Ort wollten mir das allerdings nicht ganz so glauben. Jedes Mal, wenn ich neue Letten traf, wurde als erstes gefragt: Warum bist du eigentlich hierhergekommen? Meine Antwort darauf war immer: Ich weiß es nicht genau. Für mich stand bloß fest, dass ich nach meinem Abitur ein Jahr im Ausland verbringen will. Dann habe ich mich einfach mal beworben und es dann auch ohne viel zu überlegen durchgezogen. Zugegebenermaßen wusste ich nicht viel über Lettland, aber im Nachhinein war das genau richtig. So konnte ich das Land und die Leute unvoreingenommen kennenlernen. Anfangs musste ich etwas an alles gewöhnen, doch durch die großartige Unterstützung vor Ort ging es schneller als erwartet. Ich hatte ein neues Zuhause für mich gefunden und konnte mir eine Routine aufbauen, die meiner in Deutschland ähnelte. Ich habe für mich gemerkt, dass genau das essentiell für mich ist. Ohne diese Routine wäre mir speziell nach der Arbeit langweilig geworden und ich hätte mit viel weniger Leuten sozial interagiert.
Apropos Arbeit: Ich war wirklich sehr zufrieden mit meiner Beschäftigung, weil sie im Gegensatz zu anderen Freiwilligen sehr abwechslungsreich und flexibel war. Ein Grund dafür war, dass ich an mehreren Orten tätig war und nicht jeden Tag nur das gleiche gemacht habe. Natürlich muss man dafür eine gewisse Spontanität und Flexibilität mitbringen, aber das habe ich nun auf jeden Fall. Ein anderer Grund war meine Kollegen, bei denen ich mich stets wohl gefühlt habe. Von Beginn an wurde ich bei jeglichen Dingen unterstützt und schon bald fühlte ich mich gut integriert ins Team. Ein riesiger Dank an alle, die mich dort unterstützt haben. Die NGO Kalmars, die meine Host-Organisation war, kann ich nicht nur deswegen mit absoluter Überzeugung weiterempfehlen.
Abgesehen von der Arbeit war ich auch sozial sehr integriert. Hobbies wie Fußball und Tischtennis konnte ich weiter durchführen und neue für mich entdecken wie den lettischen Volkstanz. Dabei musste ich mich den anderen etwas unterordnen, da ich immer der “Neue” bzw. der “Deutsche” war. Aber das ist eine Erfahrung, die ich in Deutschland nie und nimmer gemacht hätte. In Deutschland hätte ich außerdem niemals so viele wundervolle Freiwillige kennengelernt. Angefangen hat es mit dem ersten Training, wo ich die allerersten Kontakte knüpfen konnte. Auf dieser Basis entstand ein riesiges Netzwerk an Freiwilligen in ganz Lettland, wodurch ich so viele unterschiedliche Nationalitäten kennenlernen konnte. Es war mir immer ein totales Vergnügen sich mit anderen Freiwilligen zu auszutauschen und das werde ich niemals vergessen. Um mich mit den anderen zu treffen oder auch zur Arbeit zu gehen, musste ich immer den Bus nehmen. Das funktionierte auch immer recht gut, aber dennoch waren es bis nach Riga ca. 4 Stunden. Vor meinem Freiwilligendienst hätte ich mich niemals so lange und so oft in einen Bus gesetzt, aber dadurch, dass ich keine anderen Optionen hatte, wurde es zur Gewohnheit.
Für mich haben sich viele Dinge durch meine Zeit in Lettland geändert, worüber ich sehr froh bin. Viele Erfahrungen stellen sich im Nachhinein als sehr wertvoll heraus. Beispielsweise war es wichtig für mich, dass ich auf mich alleine gestellt war. Ganz weit entfernt von Freunden und Familie, konnte ich mir mein Leben aufbauen so wie ich es für am besten heilt. Als ich dann Besuch bekommen habe, war das der besondere Moment für mich in den ganzen 10 Monaten. Wir genossen die Zeit zusammen in Riga, wobei unvergessliche Dinge geschahen. Es tat einfach gut sehr bekannte Gesichter wieder um mich herum zu haben. Jetzt wo ich wieder zu Hause bin, vermisse ich wiederum schon etwas die Zeit in Lettland. Ich war ja schließlich fast ein ganzes Jahr dort und das hat mich logischerweise geprägt. Aber vor allem bin ich stolz darauf wie alles für mich gelaufen ist und würde es jedem weiterempfehlen diese Möglichkeit zu nutzen. Ganz nach dem Motto: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!
Erik verbachte seinen Freiwilligendienst in der NGO Kalmārs, sein Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.