Vor einer Woche bin ich am Hauptbahnhof meiner Heimatstadt aus dem Zug gestiegen. An sich nichts Außergewöhnliches, wenn meine Rechnung stimmt, bin ich in meinem Leben schon über 1500-mal dort ausgestiegen. Meine Freunde Mirjam und Alex, die ich seit jeweils neun und sieben Jahre kenne und die mich durch zahlreiche Höhen und Tiefen begleitet haben, haben mich empfangen. Doch als ich sie zuerst sah, kam kein Wort aus meinem Mund. Da stand ich nach elf Monaten und zwei Wochen wieder am Hauptbahnhof, ein Ort, an dem ich wirklich alles schon gesehen habe, zwei Menschen gegenüber, die mich durch jede Phase meines Lebens, seitdem ich am Gymnasium war, begleitet haben. Und trotzdem war ich einfach überwältigt.
Elf Monate und zwei Wochen war ich weg. In dieser Zeit habe ich acht Länder gesehen, den Supermarkt gegen den Bazaar getauscht, lebte in einer Wohnung mit anfangs Fremden aus denen enge Freunde wurden, habe so viel gelernt, dass ich nicht weiß, wo ich damit anfangen soll und aus anfangs kläglichen Versuchen, mit Menschen zu kommunizieren, die weder Englisch, noch Deutsch sprechen, zumindest ein solides Georgischwissen aufgebaut.
All diese Erfahrungen verdanke ich meinem Entschluss, nach dem Ende meiner Schulzeit nicht direkt an die Uni zu gehen. Ich hatte damals großes Interesse an der Chance, ein fremdes Land intensiv kennenlernen zu können. Außerdem schwebte mir schon damals der Traum vor, eines Tages Auslandskorrespondentin oder einen vergleichbaren Job zu haben, bei dem ich lange Zeit in verschiedenen Ländern leben kann. Bevor ich aus diesem Traum ein Ziel mache, wollte ich aber wissen, ob mir Journalismus wirklich taugt und ob ich damit klarkomme, in Ländern zu leben und mich an Kulturen anzupassen, die mir davor unbekannt sind.
Glücklicherweise kann ich sagen, dass ich beides sehr genossen habe. Es ist schwer zu sagen, was in meinem Jahr die schönste Erinnerung ist. Jedoch ist eine Sache, die mich auch weiterhin begleiten wird, die engen Freundschaften und die Gemeinschaft, die ich in Georgien formen konnte. Ich habe so viel Schönes mit so interessanten und tollen Menschen erleben können, dass sich aus all diesen kleinen Momenten ein Mosaik der Erinnerungen in meinem Kopf formt. All die Reisen mit meinen Freunden, wie ein Trip in das subtropisch anmutende Gurien, in die Berge des großen Kaukasus oder sogar ein Trip nach Zentralasien waren mehr als eindrucksvoll. Ich schätze mich wirklich glücklich, dass ich auf allen Reisen von meinen neuen und sehr liebgewonnenen Freunden begleitet wurde.
Wie schon erwähnt konnte ich wirklich viel während meiner Zeit in und um Georgien herum lernen. Selbstverständlich zählt dazu viel neugewonnenes Wissen über das Land selbst, seine Kultur und die Sprache, welches ich so nie hätte, wenn ich nicht in Georgien gelebt hätte.
Weiter konnte ich bei JAMnews wirklich viel ausprobieren, was das journalistische Arbeiten angeht. Dazu zählt Artikel schreiben, die richtige Interviewführung, aber auch fotobasierter Journalismus. Durch die Arbeit bei JAMnews konnte ich meine Photoshop Kenntnisse vertiefen und habe endlich gelernt, wie man mit Premiere Pro schneidet. Auch bin ich JAMnews sehr dankbar dafür, dass sie mir ohne zu fragen mir eine professionelle Kamera in die Hand gedrückt haben und nach einer kurzen Einweisung mir die Möglichkeit gegeben haben, alles Interessante zu dokumentieren.
Auch das WG-Leben war für mich eine neue Erfahrung, da ich zuvor nur bei meinen Eltern gewohnt habe. Ich konnte aber viel darüber lernen, wie es ist, ohne Eltern, aber dafür mit anderen gleichaltrigen zusammenzuleben.
Im Freiwilligendienst habe ich es sehr genossen, wie viele Möglichkeiten JAMnews mir zur Weiterentwicklung gegeben haben. Ich durfte ohne Vorwissen professionelles Equipment nutzen, Artikel schreiben, Interviews führen und Videos hochladen.
Leider hat die gesamte Redaktion bei JAMnews stets viel zu tun und manchmal gab es bei der Kommunikation Probleme. Trotzdem waren meine Mitarbeiter, wenn ich sie um etwas gebeten oder gefragt hab, stets für mich da und hilfsbereit. Auch war das letztendlich für mich eine Grundlage, um zu lernen, wie ich mich selbst organisiere und eigenständig Projekte durchführe.
Durch meinen Freiwilligendienst konnte ich mich insgesamt selbst etwas besser kennenlernen. Ich konnte meine Interessen an Politik, Gesellschaft und fremden Ländern pflegen. Mir sind auch Schwächen aufgefallen, an denen ich arbeiten muss und auf die ich zukünftig Acht geben muss. Jeder, der mich kennt, wird leider auch Bekanntschaft mit meinem oft mangelnden Zeitmanagement gemacht haben.
Ich kann einen Freiwilligendienst sehr weiterempfehlen. Auch wenn ich sehr dazu raten würde, den Ort und die Aufgaben im Dienst mit den eigenen Interessen abzugleichen. Fühle ich mich wohler in der Stadt oder auf dem Land? Welche Arbeit möchte ich machen? Büroarbeit oder doch etwas, bei dem ich mehr rauskomme?
Ich bin sehr froh und wirklich dankbar für meine Zeit bei JAMnews und in Tbilisi. Tbilisi ist eine wunderbare Stadt, die zwar zwischendurch auch sehr chaotisch ist, aber dennoch immer liebenswürdig. Auch die Arbeit bei JAMnews hat mir trotz kleiner Hürden sehr gefallen und mich definitiv weitergebracht.
Leuten, die Interesse an JAMnews haben, würde ich empfehlen, viel intrinsische Motivation und Ideen mitzubringen. Auch wenn die Betreuung zwischendurch nicht optimal ist, ist es dennoch eine riesige Chance, in einer Redaktion zu arbeiten ohne irgendwelche Vorkenntnisse zu haben.
Gegen Ende meines Freiwilligendienstes hatte ich oft den Wunsch, noch länger in Georgien zu sein oder meinen Freiwilligendienst mit allen, was ich bis zum Ende gelernt habe, noch einmal zu wiederholen. Während das nicht möglich ist, haben mich alle Erfahrungen dazu inspiriert, weiter Journalismus auszuprobieren. Und auch wenn ich jetzt erstmal wieder zu Hause bin, bin ich mir sicher, dass ich schon bald wieder Georgien einen Besuch abstatten werde.
Bis dahin: ძალიან დიდი მადლობა ყველაფერსთვის საქართველო და მალე გნახავ!