Irgendwie ist alles anders gekommen, als geplant. Mein ESC in Beirut hatte gerade an Fahrt gewonnen, ich hatte meine ersten eigenen Projekte, war in verschiedenen NGOs eingespannt und viele gute Freund*innen gefunden.
Ich hatte mein eigenes Schulprojekt, habe einen Projektantrag für ein UNICEF-Projekt mitgeschrieben, habe mich mit vielen anderen Gruppen vernetzt und bin einem Chor beigetreten. Viele Sachen standen noch bevor: Ein LGBTIQ*-Kunstprojekt, ein Programm für queere Jugendliche, ein Theaterprojekt und zwei Konzerte, die bereits in Planung waren.
Die kommenden Monate sahen also wirklich vielversprechend aus – doch dann kam Corona. Was die ersten Wochen noch niemand ernst nahm, wurde schnell zur bitteren Realität. Geschäfte wurden geschlossen, NGOs legten ihre Arbeit nieder, Gruppen-Treffen fanden nicht mehr statt und Freund*innen blieben komplett zuhause. Ich saß alleine in meiner Wohnung und hatte nichts zu tun. Das Leben stand still und es sah ziemlich aussichtslos aus. Deshalb beschlossen wir kurzerhand, dass ich schon frühzeitig nach Hause fliege – zum Glück gerade rechtzeitig, da unmittelbar danach der Flughafen dicht gemacht wurde. Der Flug wurde gebucht und am nächsten Morgen saß ich im Flieger.
Was mich am meisten gestört hat: Ich konnte mich von fast niemandem verabschieden, weder von meinen Freund*innen, noch von anderen Menschen aus dem Club oder von anderen Gruppen in denen ich vernetzt war.
Zurück in Deutschland – hier wirkten die Reaktionen auf Corona noch etwas verzögert, umso plötzlicher kam dann der Lock-Down. Zu meinem “Glück” wurde mein Nachbar am Tag meiner Ankunft positiv auf Covid-19 getestet – was für mich dann direkt zwei Wochen Quarantäne bedeutete. Na toll.
Meinen ESC führe ich also seitdem im Home-Office fort, schreibe an einem Jugendaustausch-Projekt und führe andere Aufgaben weiter, die online möglich sind. Hinzu kamen schnell zahlreiche andere Freiwilligen-Projekte hier bei mir zuhause. Ich war sofort wieder in meinen alten Strukturen eingebunden und konnte über “Fridays For Future” und die “Seebrücke” zu den Themen Klimagerechtigkeit und Migration arbeiten und bin bis jetzt gut beschäftigt damit – mehrere wöchentliche Plena (natürlich online), das Schreiben von offenen Briefe, die Vernetzung mit Politiker*innen und viele weitere Aufgaben stehen an der Tagesordnung. Zusätzlich dazu habe ich bei der Tafel ausgeholfen und habe jeden Morgen die Ware für die Ausgabe von den Supermärkten abgeholt.
Eigentlich hat sich alles ziemlich gut eingespielt, seitdem ich wieder zuhause bin. Es ist ein bisschen schwierig, sich gedanklich weiterhin auf die Projekte in Beirut zu fokussieren, ohne wirklich anwesend zu sein – besonders weil auch hier zuhause so viel los ist. Manchmal vermisse ich meine Zeit dort, vor allem die Menschen, die ich kennenlernen durfte. Wenn es aufgrund von Corona nicht mehr möglich ist, zurück zu kehren, werde ich mit Sicherheit nochmal einen Besuch abstatten!
Hanno
Hanno is part of our project “Global Change Makers”, financed by Jugend für Europa and the European Solidarity Corps Programme.