Johanna in Skopje, Nordmazedonien // Abschlussbericht

Plötzlich saß ich wieder im Bus nach Hause. Erneut verließ ich eine mir vertraute Welt, mein Leben und meine Freunde. Gleichzeitig war mir der Bus vertraut, ich freute mich ungemein über die Steckdose an meinem Sitzplatz und die vier Grenzen, die wir überschritten, kamen mir nicht mehr so viel vor. Ich verstand immerhin Bruchstücke dessen, was um mich herum geredet wurde und kannte die Raststellen, an denen wir hielten. Es war nicht viel los und wir kamen gut voran, besonders an den Grenzen. An der EU-Grenze nach Ungarn mussten wir noch nicht einmal warten. Es war weniger gruselig in das Haus der ungarischen Grenzkontrolle zu gehen. Ein Mazedonier, der seit 23 Jahren in Wien lebt, durfte erst durch, nachdem er seine Fingerabdrücke einscannte. Bei mir scannten sie noch nicht einmal den Pass.

Wie sehr der deutsche Pass mich privilegiert, war nur eines, was mich Mazedonien mit solch einer Wucht lehrte, wie ich es nicht erwartet hatte. Natürlich wusste ich das schon vorher, doch es ist etwas anderes, es selbst zu erfahren, wenn mir türkische Freunde erzählen, dass sie vier Wochen ihren Pass abgeben und viel Geld bezahlen mussten, nur um kein Visum zu bekommen und ihre bereits gebuchte Italien-Reise absagen zu müssen. 

Während der acht Monate meines ESKs habe ich vier Länder besucht, Menschen aus 16 Ländern kennengelernt, welche 18 Sprachen sprechen. Mit vielen habe ich gewohnt, gearbeitet und unsere freie Zeit genossen. Neben den vielen internationalen Freiwilligen leben in Skopje auch viele Menschen aus der gesamten Balkanregion. Dadurch konnte ich viele verschiedene Menschen und Perspektiven kennenlernen. Skopje ist außerdem ein guter Startpunkt, die Nachbarländer zu erkunden.

Die Arbeit bei VCS verging schnell. Durch Urlaub und Feiertage war es auch gar nicht mehr so viel Zeit. Neben VOICES organisierten wir weitere Events, wie ein Werwolf Abend, Kleidertausch und wir wiederholten das Sprachencafé, diesmal im Park. Auch im Daycare Centre in Shutka habe ich noch ein paarmal gearbeitet. Es ist etwas schade, dass die Zusammenarbeit mit den Lehrern dort bis zum Ende nicht so leicht war. Natürlich war es schön einfach zu kommen und mit den Kindern zu spielen, trotzdem wäre es sinnvoller gewesen eine etwas größere und auch hilfreichere Rolle dort einzunehmen. So waren ich und die anderen Freiwilligen entweder überfordert oder gar nicht gebraucht. Was mich jedoch sehr freute war, dass ich gegen Ende deutlich besser mit den Kindern kommunizieren konnte, da ich doch noch ein paar Bruchstücke des Mazedonien lernen konnte.

Ab Mitte Mai waren wir nur noch drei Freiwillige. Auch wenn noch einige VET-Studenten (Vocational Education and Training) mit uns wohnten, war es trotzdem seltsam, dass das VCS-Büro so leer war. Einerseits machte das die Arbeit übersichtlicher und etwas entspannter, andererseits waren unsere Möglichkeiten auch eingeschränkter. Deshalb kollaborierten wir in dieser Zeit auch mit Frieda von GoGreen und Krik, einer anderen NGO in Skopje. Mit Frieda habe ich einen Workshop organisiert, in dem wir Ökosysteme im Glas bastelten und ich habe ein Plakat für Friedas Event von GoGreen designt. Mit Krik hat vor allem Fiona den Kleidertausch organisiert.

Anfang Mai war das orthodoxe Ostern, weshalb wir ein paar freie Tage hatten. In die gleiche Woche viel noch der zweite Wahlgang der Parlamentswahl. Wir nutzen die Tage, um nach Albanien zu fahren, ein sehr gelungener Kurztrip. Da in Mazedonien auch viele Albaner leben, war es auch aus diesem Gesichtspunkt interessant, Albanien als Land kennenzulernen. Wir besuchten Tirana, lernten über die kommunistische Vergangenheit des Landes, probierten uns durch die albanischen Kühe und schwammen im Mittelmeer. Wie beliebt Albanien inzwischen auch bei mitteleuropäischen Touristen ist, war selbst schon so früh im Jahr zu spüren.

Mein Freiwilligendienst in Mazedonien war so eine großartige Zeit, welche mir für immer in Erinnerung bleiben wird. Es war die beste Entscheidung nach dem Abitur und ich bin so froh, dass ich mich getraut habe, allein in den Bus in ein unbekanntes Land zu steigen. Ich weiß, dass es an der Zeit war nach Deutschland zurückzukehren, trotzdem war es traurig, das neu geschaffene Leben zurückzulassen.

Ich würde diesen Freiwilligendienst jede*m weiterempfehlen, besonders wenn man sich für Kultur, das Schreiben und Eventplanung interessiert. Ich habe mich am Anfang meines Projektes gefragt, was die ehemaligen Freiwilligen in Skopje hält. Ich verstehe jetzt, wie intensiv und prägend die Zeit dort ist, eine Zeit der Jugend, Spontanität und Unabhängigkeit. Ich bin sicher, dass ich Skopje wiedersehen werde.

Johanna Krautkrämer

Johanna verbachte ihren Freiwilligendienst bei Volunteer Centre Skopje, ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.