Das Leben hier ist zum Alltag geworden. Lieblingscafés, Einkaufsläden, und Bars sind vertraut geworden. Die Bäckerin kennt uns bereits. Sie spricht mazedonisch mit uns. Meistens reicht mein Verständnis, um mir denken zu können, was sie sagt. Mit Eren, einen Mitfreiwilligen, spricht sie türkisch. Ich bin nicht mehr verwundert, wenn ich auf Deutsch angesprochen werde. Mein Mazedonisch ist leider immer noch sehr dürftig, dennoch kann ich auch damit inzwischen besser umgehen.
Bei der mazedonischen Politik bleiben jedoch viele Fragen offen. „Die Partei ist nicht rechts“, sagte ein Freund, als wir uns über Politik unterhielten. Ein anderer sagte uns man wähle nicht nach rechts und links. „Ich bin nicht politisch“ oder „ich wähle nicht“, ist keine seltene Aussage. Wikipedia ordnet die Partei, über die wir sprachen als mindestens wertkonservativ, wenn nicht nationalistisch ein. Mazedonisch sei ganz anders als bulgarisch, aber ähnlich wie serbisch. Oder andersherum. Je nachdem, mit wem man redet. Es ist schwierig, sich hier eine Meinung über Politik zu bilden.
Unglaublich, dass nun schon die Hälfte meines Freiwilligendienstes vorbei ist. So langsam beginnen auch die Gedanken über die Zeit danach und auch, was ich noch hier in Mazedonien machen möchte. Die Zeit verging bisher sehr schnell und wird dies vermutlich auch weiterhin tun.
Der Dezember begann mit einem verlängerten Wochenende in Ohrid. Zusammen mit den anderen Deutschen und Wijdane aus Frankreich haben wir dort zwei Nächte verbracht. Die kleine mazedonische Stadt liegt wunderschön an einem riesigen See. Nach Regen und herbstlichen Grau in Skopje, konnten wir dort zwei Tage die Sonne genießen. Wir übernachteten in einem sehr netten Hostel, dessen Gemeinschaftsküche auch im Haus unserer Großeltern hätte sein können.
Besonders war es auch, die gedruckte Dezemberausgabe von VOICES in den Händen zu halten. Die eigenen Texte und Designs physisch zu sehen ist dann doch nochmal etwas anderes als sie online zu lesen. Neben Vorbereitung für die Januarausgabe, veranstalteten wir weitere Events, wie ein Pub Quiz und ein gemeinsamen Plätzchenbacken. Inzwischen bin ich in allen Arbeitsbereichen involviert und kann auch mehr Aufgaben übernehmen. Dabei habe ich gemerkt, dass ich es auch nicht übertreiben darf, da ich sonst nicht genug Zeit habe, alles auch zu Ende zu bringen.
Ebenfalls hilfreich waren verschiedene Workshops zu den Adobe Programmen, die wir für das Designen von VOICES und social media Graphiken benutzen. Wijdane, welche als Praktikantin bei VCS arbeitet, hat diese für uns Freiwillige veranstaltet. Je länger ich hier bin, desto besser verstehe ich, wie viel beim Design möglich ist. Auch die Ideen der anderen Freiwilligen motivieren mich, mehr auszuprobieren.
Ebenfalls mit Wijdane und einer andren Mitfreiwilligen habe ich die Aufgabe übernommen, eine „social media strategy“ zu entwickeln. Das ist nochmal ein anderer Bereich der Arbeit und ich bin gespannt, Neues zu lernen.
Ende Dezember besuchte mich meine Schwester. Es war sehr schön, Weihnachten mit ihr und den anderen Freiwilligen zu verbringen. Wir feierten an zwei Tagen und kochten jede Menge Essen. Silvester verbrachten wir in einem kleinen Dorf in dem Haus der Familie eines mazedonischen Freundes. Es waren auch noch ehemalige Freiwillige zu Besuch, es war eine sehr schöne Feier. Gleichzeitig war es auch der Abschied für zwei Freiwillige aus Frankreich, eine davon war meine Mitbewohnerin. Kurz vor und nach ihnen verließen uns weitere Freiwillige. Unser Team, welches vorher aus über zehn Leuten bestand, ist jetzt nur noch halb so groß. So traurig der Abschied auch war, lernt man, dass es auch wieder neue Freiwillige gibt, mit denen man sich ebenfalls gut versteht. Dennoch ändern sich die Dynamiken ständig.
Auch das orthodoxe Weihnachten ging nicht gänzlich an uns vorbei und es war interessant, wie weihnachtlich es noch nach Neujahr war.
Im Januar endeckten wir außerdem die Berge um Skopje für uns. Da die Luft in Skopje im Winter sehr verschmutzt ist, war es gut, aus der Stadt zu entfliehen und die Natur zu genießen. Es kann etwas abenteuerlich sein, die Wanderwege zu finden, sodass wir einmal ganz woanders landeten, aber dank der großen Hilfsbereitschaft, die uns überall entgegengebracht wird, haben wir gut zurückgefunden.
Nach der langen Neujahrspause begann die Arbeit im Januar etwas ruhiger. Am Ende des Monats veranstalteten wir jedoch ein Language Exchange Event, für welches ich mit Hakan, einem Mitfreiwilligen, hauptverantwortlich war. Außerdem haben wir die Zeit genutzt, um langfristiger zu planen, da wir unsere Arbeitsweise verbessern wollen.
Ich freue mich sehr auf die zweite Hälfte meines Freiwilligendienstes, besonders wenn das Wetter wieder wärmer wird. Schon jetzt scheint der Frühling in der Luft zu liegen, ob der Winter aber schon vorbei ist, bleibt abzuwarten. Ich bin gespannt, was mir meine Zeit hier noch geben wird. Je länger ich hier bin, desto mehr gibt es zu entdecken, sei es bei der Arbeit, in der Natur oder Kultur.
Johanna
Johanna verbringt ihren Freiwilligendienst bei Volunteer Centre Skopje, ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.