4 Monate Thessaloniki, 4 Monate Griechenland.
Das sind 4 Monate voller Aufs und Abs, voller Krisen und Glücksmomente, voller neuer Begegnungen und bestehenden Freundschaften.
Seit dem letzten Bericht ist viel passiert, einige Dinge sind gleichgeblieben, andere haben sich verändert. Mittlerweile verbringen wir unsere Abende nicht mehr auf der Dachterrasse, sondern haben uns für den Balkon und die Küche als Chillort entschieden. Die Nächte sind nicht mehr so lang wie zu Beginn, unser Alltag hat nicht nur an Routine, sondern auch an Schlafrhythmus gewonnen.
Wir sind längst nicht mehr die „Neuen“, sondern mussten selbst schon Abschied nehmen und wieder Willkommen heißen. Wir haben uns eingelebt, kennen coole Orte in der Stadt, wissen, in welcher Taverna es die besten Zucchini-Croquetten und wo die schlechtesten gegrillten Auberginen gibt. Die Leute in unserem Haus lernen wir jeden Tag besser kennen. Wir wissen, wen man immer in der Küche findet, wer nie seine Haushaltsaufgaben macht und wen man bei jeder Gelegenheit auf dem Balkon antrifft. Außerdem haben wir die Upper-Town für uns entdeckt; der Altstadtpart von Thessaloniki, der ruhiger und vor allem ästhetischer ist, von dem man enorm schöne Sonnenuntergänge mit Blick auf das Meer erleben, den besten Cheesecake der Stadt genießen und endlich mal Abstand vom Großstadtchaos gewinnen kann. Die Umgebung von Thessaloniki konnten wir auch ein wenig mehr erkunden: Wir haben einen Ausflug zu den Meteora-Klöstern gemacht, waren am Strand in Chalkidiki und haben zweimal Autos für Roadtrips gemietet.
Zwei der mit Abstand besten Abende während unseres Aufenthalts hier waren die legendäre Open-Mics, die unser Projekt veranstaltete. Zu diesem Anlass nutzen unsere Mitbewohner und Mitbewohnerinnen (die meisten gut betrunken) die Chance, ihre Sing- oder Poesietalente (manche mehr, manche weniger ernst) zu beweisen. Weil dieses Event immer sehr gut ankam, wird es jetzt eine monatliche Tradition werden und wir freuen uns schon auf das nächste Mal, auch, weil wir immer wieder feststellen, dass es sehr cool ist, wenn das ganze Haus mal zusammen kommt und gemeinsam Zeit verbringt. Weil in den letzten Wochen mehrere neue Freiwillige angekommen sind, gibt es jetzt in unserem Zusammenleben sowieso ein bisschen frischen Wind: wir müssen wieder eine neue Dynamik entwickeln, Leute neu kennenlernen und es ist wie immer so, dass sich mit dem Wechsel der Freiwilligen die ganze Atmosphäre im Haus wieder ein bisschen verändert, was sehr spannend ist.
Mit unserer Suche nach griechischen Freund*innen sind wir noch nicht viel weiter gekommen, aber mittlerweile haben wir uns (im Guten Sinne) damit abgefunden, dass das Haus unsere soziale Kapazität einfach einnimmt und wir sind ok damit, dass abgesehen von den Leuten, mit denen wir zusammenleben, nicht so viel Platz und Zeit für lokale Freundschaften bleibt. (Leider spiegelt sich das in unseren Griechisch-Skills wieder, die immer noch sehr zu wünschen übrig lassen :;()
In BalkanHotspot, dem MediaLab, in dem wir arbeiten, haben wir nun auch Wege gefunden, unsere eigenen Ideen einzubringen, mehr Initiative zu zeigen und das, was wir uns vorgenommen haben, auch umzusetzen. Gerade arbeiten wir zwei gemeinsam an einem Videoporträt von der Organisation WAVE, die in Thessaloniki humanitäre Hilfe für undokumentierte Geflüchtete, Obdachlose und ganz allgemein Bedürftige leistet. Dieses Projekt liegt uns sehr am Herzen und wir sind froh, dass wir die Gelegenheit ergriffen haben, uns mit diesem Thema auseinanderzusetzen und tatsächlich auf etwas Wichtiges mit unserer Arbeit aufmerksam zu machen. Neben dem Videoporträt versuchen wir gerade auch mit einer anderen Initiative die Lebensrealität von undokumentierten Geflüchteten sichtbar zu machen: Wir plakatieren die Stadt mit A3 großen Holzschnittporträtplakate, die diese Menschen zeigen. Dieses Projekt nennt sich „Papermonument for the Paperless“ und wurde von einem niederländischen Künstler ins Leben gerufen, um den „Papierlosen“ ein Gesicht zu geben. Die Fotos unserer Plakatierungen werden auch ihren Platz in unserem nächsten Magazin finden, an dem wir gerade arbeiten. Diese Ausgabe des BalkanBeats wird den Fokus auf globale Politik und lokalen Aktivismus richten – und alle im Team von BalkanHotspot tragen etwas bei – ob Fotostory, Artikel, Interview, Gedicht oder Interview. Wir beide sind Teil des Editorteams. Ich [Luise] korrigiere deswegen zur Zeit sehr viele Artikel, gebe Feedbacks, setze Deadlines und bin dafür verantwortlich, dass am Ende alles zur richtigen Zeit fertiggestellt ist. Ich [Lale] bin für das Layout, die Struktur und das Design verantwortlich. Wir sind sehr gespannt, wie das Endergebnis (das Magazin erscheint Anfang März) aussehen wird!
Jetzt gerade realisieren wir, dass es nur noch knappe 12 Wochen sind, die wir hierbleiben werden – die Zeit vergeht echt schnell und wir werden schon leicht nostalgisch beim Gedanken an das Ende. Bis Anfang Mai haben wir noch einige Pläne: Wir wollen nach Athen, nach Istanbul, an den Ohrid-See und auf den Mount Olympus. Bleibt gespannt und lest im nächsten Bericht nach, wie und ob wir unsere Pläne am Ende tatsächlich in die Tat umsetzen!
Bis Bald,
Luise und Lale
Lale und Luise verbringen ihren Freiwilligendienst bei Fix In Art / Anazitites Theatrou, ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.