Mein Jahr in Mazedonien übertraf alle meine Erwartungen. So kann man es zusammenfassend beschreiben. Ich hatte mich für Mazedonien entschieden in erster Linie weil ich aus Deutschland rauskommen wollte und die Bilder, die ich sah, umwerfend schön fand, an sich wusste ich aber nichts über Mazedonien und war auch noch nie mit diesem Land so wirklich in Kontakt gekommen. Dementsprechend hatte ich eine sehr positive Vorstellung davon, wie die Natur aussehen sollte, aber keine von Kultur, Menschen, Sprache.
Innerhalb eines Jahres änderte sich das. Die Natur war so schön wie erwartet und Menschen und Kultur unvergleichlich. Man hatte zwar unter den Freiwilligen eher nicht die Möglichkeit sich auszusuchen mit wem man sich umgibt, da wir alle zusammengelebt und -gearbeitet haben, was bedeutete, dass die Menschen vielleicht nicht alle auf Anhieb deine besten Freunde wurden, aber gleichzeitig bedeutete das Perspektivenwechsel, Rücksichtnahme und wertvolle Erfahrungen im Umgang mit unterschiedlichen Menschentypen. Das waren wichtige Lektionen. Ich habe mich mit Menschen angefreundet, mit denen ich in Deutschland vermutlich keine Zeit verbracht hätte, sei es aufgrund Unterschiede oder räumliche Trennung, und vice versa.
Für mich wurde außerdem noch einmal bestätigt, dass ich mit Büroarbeit, Magazinen und Social Media in meinem späteren Leben nichts zu tun haben möchte, ein Großteil der Arbeit war dadurch nicht wirklich erfüllend für mich. Das war auch eine der Aufgaben, die ich am wenigsten an meinem Projekt mochte – da meine Arbeitsstelle dennoch vielseitig war, habe ich mich dann hauptsächlich Events und Ecoactions gewidmet. Das war zwar teilweise ein wenig anstrengend aber an sich war es toll zu sehen, dass dem, was man macht auch eine mehr oder weniger direkte Wirkung folgt. Allgemein kann man sagen, dass die Arbeit eine Lernerfahrung war, die mich sehr viel weiter gebracht hat in beruflicher Hinsicht. Ich bin mir unsicher ob ich diesen Aspekt meines ESKs wiederholen würde, aus dem simplen Grund, dass ich mir klar geworden bin, dass ich dieses Arbeitsfeld ausschließen möchte, vielleicht war mir das auch schon vorher klar und ich habe einfach schlecht gewählt. Jetzt bin ich mir sicher.
Das Beste aber, waren die Leute, auf der Arbeit, von der Arbeit weg, irgendwo dazwischen. Ich konnte von jeder Person etwas lernen und etwas mitnehmen, das waren unter anderem die besten Menschen, die ich in meinem Leben kennenlernen durfte. Unterschiedlichste Charaktere, die alle meistens schon tausende Generationen an Freiwilligen mitgemacht haben, die humorvollsten und selbstlosesten Personen. Viele brachten einem sogar die eigenen „Fehler“ näher, teilweise kam es mir so vor als würde mir ein Spiegel vorgehalten werden. Das kam durch unterschiedliche Altersgruppen, Lebenserfahrungen oder ganz simpel Balkan-Kulturen. Wenn man es verallgemeinert, könnte man sagen, dass viele Menschen dort ein eher positives Menschenbild haben, was z.B. hitchhiking oder ähnliches normalisiert. Die Menschen sind hilfsbereit und offen. Das ist, denke ich, relativ bekannt, aber man muss das nochmal betonen, weil es wirklich nicht selbstverständlich und so lobenswert ist. Diese Mentalität ist so schwer in Worte zu fassen, aber viele Menschen aus dem Balkan vermissen den Balkan in Mitteleuropa und das tue ich, als Mitteleuropäerin auch schon, obwohl ich erst wenig Zeit in Deutschland wieder verbracht habe. Die Leichtigkeit und doch das Verbundene ist etwas, was ich selten so gefunden habe und vermutlich an wenigen Orten in Europa so finden werde.
Alles in allem kann ich jedem ein ESK in Skopje nur empfehlen, ich hatte unter anderem die beste Zeit meines Lebens. Sich Zeit für sich zu nehmen, das Ganze auszuprobieren und sich selbst auszuprobieren sollte jeder einmal erfahren. Ich bin so verliebt in Skopje, ich bin bald wieder da. Ich kann es kaum abwarten.
Marie
Marie verbrachte ihren Freiwilligendienst im Volunteer Centre Skopje, ihr Projekt wurde kofinanziert von der Europäischen Union.