“Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn, im dunklen Laub die Goldorangen glühn, ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht, Die Myrte still und hoch der Lorbeer steht? Kennst du es wohl? Dahin! Dahin Möcht` ich mit dir, o mein Geliebter, ziehn! […]” Goethe
Dieser Gedichtauszug steht im Garten am Goetheplatz, dem bekanntesten Platz im Garten, denn der Gründer Karl Faust war ein großer Goethe-Fan.
Eigentlich mag ich Gedichte nicht besonders, aber dieses Gedicht fasst für mich die Region hier und meine Zeit so gut zusammen, weil es genau so schön ist, wie Goethe es beschreibt.
Irgendwann in den letzten Wochen haben wir in der Nähe von Orangenbäumen gearbeitet und ein Gärtner hat uns dann einfach jedem eine Orange geschenkt, frisch vom Baum.
Im Februar ist eins meiner absoluten Highlights passiert. Ein Gärtner hatte Geburtstag und hat ein Calcot Essen für alle Mitarbeitenden organisiert. So sind wir pünktlich an einem Donnerstag zur Gärtnerhütte gegangen, wo auch schon das Feuer für die Calcots und die langen Wurstkringel gebrannt hat. Die Calcots, das sind ganz dicke Frühlingszwiebeln, wurden dann auf einem Rost ins Feuer gelegt. Nach einigen Minuten waren sie von außen total verbrannt. Alle wollten uns auf einmal zeigen, wie man sie isst. Und zwar hält man die Zwiebel oben und unten fest und zieht dann das weiche Innere aus dem Verbrannten raus. Jetzt dippt man es nur noch in die superleckere Calcots Sauce. Das war mit das Leckerste, was ich je in meinem Leben gegessen habe! Ich hatte außerdem das Gefühl, richtig gut in das Team integriert zu sein. Es wurde so viel gelacht und gescherzt!
Generell kann ich sagen, dass bei der Arbeit eine Routine eingekehrt ist. Wir müssen nicht mehr andauernd Sachen nachfragen und arbeiten vor allem im Büro sehr eigenständig. Wir gestalten weiterhin Tafeln, aber wir werden auch immer weiter in Schulprojekte mit einbezogen. Wir waren zweimal in einer Schule, die ein Projekt zur nachhaltigen Gestaltung ihres Schulhofes macht. Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, mit den Kindern zu interagieren und unser hier angeeignetes Wissen weiterzugeben. Mich hat es auch ein bisschen stolz gemacht, dass ich mit den Kindern auf Spanisch reden kann. Ich kann zwar noch nicht viel Spanisch, aber mittlerweile reicht es, um mich verständigen zu können. Ich verstehe sehr viel, aber sprechen fällt mir oft noch schwer. Das frustriert mich oft, aber es motiviert mich auch, mehr zu lernen. Leider habe ich nur deutsche Freundinnen und keine Spanischen, mit denen ich Spanisch reden könnte.
Wir hatten richtig gutes Wetter im Februar. Manchmal konnten wir schon im T-Shirt arbeiten und wir haben unseren ersten Strandtag dieses Jahr gemacht. Da frage ich mich immer wieder, wie soll ich wieder im kalten, grauen Deutschland leben?
Im März habe ich angefangen, an einem Klettertraining teilzunehmen. Ich war schon einige Male in Deutschland bouldern und bin sehr glücklich, hier jede Woche in einer Gruppe bouldern gehen zu können und dabei noch neue Leute kennenzulernen. Mir hat es sehr gefehlt, in einer Gruppe Sport zu machen.
Anfang des Monats kamen meine Eltern und eine befreundete Familie aus Kanada mich besuchen. Zusammen haben wir eine der schönsten Wochen meines Lebens verbracht. Ich habe es sehr genossen, ihnen mein neues Leben zeigen zu können.
Letzte Woche hatte ich Geburtstag. Es war mein erster Geburtstag in einem anderen Land, ohne meine Familie und Freunde. Wobei der Freunde Teil nicht so ganz stimmt, denn ich habe hier schon viele neue Freundinnen gefunden. Louisas Freund hat uns auch gerade besucht und hat am gleichen Tag Geburtstag. So haben wir zusammen reingefeiert.
Morgens habe ich Donauwelle mit zur Arbeit genommen, die den Gärtnern sehr gut geschmeckt hat. Wir haben zusammen angestoßen und alle haben sich gefreut. Nachmittags kamen einige Freundinnen von mir und wir haben ein Picknick am Strand gemacht, Spiele gespielt, gesungen und Gitarre gespielt. Es war ein ganz anderer Geburtstag, als ich es gewohnt bin, aber trotzdem sehr schön und unvergesslich Zwei Tage nach meinem Geburtstag sind wir mit dem Zug nach Sevilla gefahren. Ich liebe es, in Spanien Zug zu fahren, weil die Landschaften so schön sind! Wir sind durch eine schon fast Mond ähnliche Landschaft gefahren und dann in Andalusien durch Berge voll mit Olivenhainen. Eine Sache, die in Spanien auf jeden Fall viel besser funktioniert als in Deutschland, ist die spanische Bahn. Alles ist sehr organisiert und die Züge sind meistens auf die Minute pünktlich. Da kann Deutschland sich gerne mal eine Scheibe von abschneiden.
In Andalusien hatten wir eigentlich Sonne und sommerliche Temperaturen erwartet, aber haben genau das Gegenteil bekommen. Es war kalt und es hat morgens und abends heftig geregnet.
Sevilla ist in Spanien eigentlich für die aufwendigen Osterprozessionen bekannt, auf die ich mich sehr gefreut hatte. Die sind aber wortwörtlich ins Wasser gefallen… Wir konnten trotzdem einen Teil der Prozessionen sehen. Und zwar sind andauernd Menschen in Kuklux Klan Verkleidungen rumgelaufen (lange Gewänder und ein hoher spitzer Hut, mit Löchern für die Augen). Als ich sie das erste Mal gesehen habe, habe ich mich ganz schön erschrocken, aber sie sind hier fester Teil der Prozessionen, weil Menschen, die der Inquisition zum Opfer gefallen sind, in dieser Verkleidung laufen mussten und verhöhnt wurden. Die Verkleidung erinnert da heute dran und hat nichts mit dem Klan zu tun.
In Sevilla haben wir andere Freiwillige getroffen, die wir von unserem Seminar kannten. Ich habe es sehr genossen, mich mit anderen Freiwilligen austauschen zu können. Nachdem wir die Stadt erkundet haben, ging es Samstagabend weiter nach Cordoba. Da waren wir wandern oder eher schwimmen, weil der Weg am Fluss entlang vom Regen ein Bach war und wir ein langes Stück barfuß laufen mussten und oft Bäche irgendwie überqueren mussten, ohne reinzufallen. Das war wirklich lustig.
Wir haben jetzt noch fast drei Monate, bis wir nach Hause fahren. Es ist komisch, ein ,,Ablaufdatum’’ zu haben. Ich habe das Gefühl, jetzt erst richtig anzukommen. Wie soll ich dann wieder nach Hause fahren? Ich freue mich aber auch schon darauf, meine Familie und Freunde wiederzusehen!
Hasta luego oder fins ara,
Mia
Mia verbringt ihren Freiwilligendienst bei Carl Faust Foundation im Botanischen Garten Marimurtra. Ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.