Liebe Rieke,
ich bin zurück aus Polen! Meine Zeit im ökologischen Freiwilligendienst ist vorbei! Zuletzt hatte ich noch die Chance an einem Eco-Hub-Projekt mitzuwirken, was mir viel Spaß machte. Außerdem schaffte ich es, mein Geld auszugeben und traf ich mich zum Abschied mit vielen lieben Menschen und war wirklich traurig, sie alle zurücklassen zu müssen. Aber alles nach der Reihe!
Mitte Juli reiste ich zu einem internationalen Zeltlager nach Tschechien und hatte ein paar sehr schöne Naturerlebnisse und viel Qualitätszeit mit Freunden. Vor dieser Reise aber war es Zeit, sich von Sophia zu verabschieden, denn ihr Projekt endete während meiner Abwesenheit. Nach meiner Rückkehr konnte ich unsere neuen Teammitglieder kennenlernen, von denen eine leider nicht lange blieb. Ich leitete eine Esperanto-Stunde und eine Veranstaltung anlässlich des Esperanto-Tages und reiste am nächsten Tag auch schon wieder weiter. Mal wieder nach Hause zur Familie, wo ich meinen 30. Geburtstag feierte und zur Hochzeit von Freunden ging. Ich traf alte Freunde und Bekannte wieder und brachte auch schonmal eine Kofferladung Zeug nach Hause, was sehr gut war, weil sich doch in den paar Monaten schon einiges angesammelt hatte und ich auch noch weitere Geschenke bekommen würde und ja auch noch Geld auszugeben hatte.
Im August hatte ich dann anderthalb Wochen im Büro, bevor ich in das nächste Reiseabenteuer startete. In dieser Zeit lernte ich noch weiter Polnisch, besuchte viele Einkaufszentren, um zu überlegen, was ich kaufen sollte, um es dann doch noch nicht zu kaufen. Ich machte meine letzte Esperanto-Stunde und führte einen letzten Workshop in Zusammenarbeit mit der Tafel durch. Auch nutzte ich die Zeit, um zu überlegen, welche meiner Projekte ich noch weiter vorantreiben konnte und welche ich lieber zu den Akten legte. Ich plante und machte zudem noch einen Wochenendausflug in einer Nachbarregion (mit Übernachtungen in der Hängematte) und hatte jeden Tag nach der Arbeit neue Pläne, um auch ja nichts unerledigt zu lassen. Viele Freunde machten Urlaub in der Dreistadt und ich nutze die Gelegenheiten, sie wiederzusehen z.B. bei einer gemeinsamen Mahlzeit. Am 14.08. startete mein letztes Reiseabenteuer für diesen Sommer. Über Bialystok und Vilnius ging es an die Litauische Küste zum Welt-Esperanto-Jugendkongress und erst am Morgen des 26.08. kam ich wieder in Danzig an und ging direkt ins Büro. Wir machten konkrete Planungen für das Eco-Hub-Projekt, bei dem unsere kleine Gemeinschaftsküche im Flur in einen Ort zum Schenken und Tauschen umgewandelt werden soll. Leider hatte ich mir eine Erkältung eingefangen und musste einige Tage zu Hause bleiben. Trotzdem konnte ich die Zeit nutzen, um meinen YouthPass auszufüllen und ein paar Leuten zum Korrekturlesen vorzulegen. Ich musste meine Teilnahme an einem Gartenfest absagen, konnte aber bei der 10-Jahrfeier des ECS dabei sein und sah den amtierenden polnischen Präsidenten.
Anfang September konnte ich nochmals eine ganze Woche bei der Akcja Bałtycka mitmachen und hatte sehr großes Glück damit, mehrere Buntspechte und einen Kuckuck in den Netzen zu finden. Auch mit vielen weiteren wunderschönen Vögeln kam ich in Kontakt, ich kam außerdem in die Situation, Camp-Neulinge anzulernen und verbrachte einen schönen Nachmittag mit der Erkundung des nahen Ferienortes und des Strandes. Und dann begann auch schon die Abschiedswelle: Abschied vom Camp, Abschied von meiner Mentorin, Abschied von meiner Esperanto-Gruppe und schlussendlich Abschied von den Kolleginnen und meinen Mitbewohnerinnen. Ich war sehr gerührt davon, wie viele Worte der Anerkennung und Freundschaft mich in diesen letzten Tagen erreichten, was den Abschied allerdings nicht einfach gestaltete. Ich war auch die letzten Tage viel mit letzten Erledigungen und dem Packen meiner Sachen beschäftigt. Und schließlich war es Zeit zu gehen und ein neues Kapitel in meinem Leben aufzuschlagen.
Dank einem Freund wurde ich überhaupt erst aufmerksam auf das Europäische Solidaritäts-Korps, das auch mir mit 29 Jahren noch einen Freiwilligendienst ermöglichte. Da es nicht viele ökologische Projekte gab, fiel die Auswahl nicht schwer. Ich liebe Polen und war neugierig auf Danzig und ich freue mich sehr, dass ich für dieses Projekt ausgewählt wurde und eine wunderschöne und lehrreiche Zeit hier verbringen durfte. Ich nehme viele wunderschöne Erinnerungen mit nach Hause und werde sie sicherlich noch oft in meinem Tagebuch nachlesen. Mein erster Besuch in einem Ballett, viele Konzerte, die Abende in der Karaoke-Bar und dieses Gefühl nach einem Workshop, wenn dir die Kinder dafür danken, welch tolle Energie du ausstrahlst und dass sie gerne etwas von dir gelernt haben. Ich hätte vorher nicht gedacht, dass mir das so viel Spaß machen kann. Außerdem habe ich gelernt, dass ich viel Zeit brauche, um mich jemandem wirklich zu öffnen. Ich verbrachte viel Zeit allein, was ich sehr genießen kann, mir fehlten allerdings meine Familie und enge Freunde mehr, als ich es erwartet hätte.
Allgemein hat mir weniger gefallen, dass die Arbeit in einer NGO eher chaotisch war, zumindest konnte ich nie die Prioritäten erkennen und fühlte mich etwas vernachlässigt bzw. machte ich Aufgaben, die nicht wirklich mit meinem Projekt zusammenpassten. Andererseits fand ich doch immer wieder Unterstützung, wenn auch von anderer Seite. Dadurch baute ich mir schnell ein Netzwerk auf, in dem sich mir sehr viele Möglichkeiten für Projekte öffneten, bei denen ich Neues kennenlernen konnte und mich diversen Herausforderungen stellen konnte. Das hat mir sehr gut gefallen.
Nach meiner Rückkehr habe ich viele neue Ideen für meine berufliche Zukunft, die ich vorerst ordnen und auswerten muss. Aber ich habe ausreichend Methoden dafür kennengelernt und mein Selbstbewusstsein dahingehend gestärkt, dass ich meine Kompetenzen besser erkennen und beschreiben kann. Ich bin sicher, dass mir das auf meinem weiteren Weg sehr behilflich sein wird.
Zuletzt möchte ich mich bei Naturkultur e. V. dafür bedanken, dass ich mich immer auf euch verlassen konnte und gut betreut gefühlt habe. Und obwohl aufgrund eines Personalwechsels kein ökologischer Freiwilligendienst im Freiwilligenzentrum in Danzig mehr angeboten wird, denke ich, dass es dennoch eine wertvolle Erfahrung sein kann, sich dort auszuprobieren und eigene Projekte auf die Beine zu stellen. Und wenn nicht dort, dann eben woanders. Ich bin mir sicher, dass auch du ein Projekt für dich finden würdest, das dir viel Spaß bringt und an dem du wachsen kannst.
Allerliebste Grüße
deine Michaela