Sophia in Skopje, Nordmazedonien // 2. Bericht

 

Здраво, da draußen! Es sind nun bereits fast fünf Monate vergangen, seit ich hier in Skopje angekommen bin. Diese Zeit hat mich so vieles auf so vielen verschiedenen Ebenen gelehrt, dass es schwer ist, sich vorzustellen, was gewesen wäre, wenn ich nicht durch einen Zufall, nach stunden- und tagelanger Recherche auf dieses Projekt gestoßen wäre!

Seit ich das letzte Mal geschrieben habe, ist einiges geschehen und vieles passiert. Weihnachten und meinen Geburtstag habe ich zum ersten Mal nicht mit meiner Familie gefeiert, sondern mit lieben Menschen, die eine perfekt unperfekte Familie ihrer eigenen Art geworden sind. Vor allem die Weihnachtsfeiertage haben sich dabei zunächst gar nicht so richtig wie gewohnt angefühlt, aber als wir alle zusammen als Freiwillige und Mitarbeiter von VCS die selbstgemachten polnischen Pirogi gegessen haben, war es einfach nur ein schöner Moment das Beisammenseins, den ich nie vergessen werde. Schon bald, über Neujahr war ich auch schon wieder zurück in Deutschland, um meine Familie zu besuchen. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt nur etwa zweieinhalb Monate meines Freiwilligendiensts hinter mir hatte, war es eine große Freude zu bemerken, wie selbst diese kurze Zeit zu kleinen und großen Veränderungen in meinem Verhalten geführt hat. Einerseits, war ich viel selbstsicherer und unabhängiger geworden und andererseits habe ich die Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden ganz anders wertzuschätzen gelernt. Durch diese zwei Wochen zurück in Deutschland habe ich auch einen Vorgeschmack auf das Ende meines Projekts bekommen: Da war einerseits die Freude alle wieder zu sehen, aber sie war auch versetzt mit dem Gefühl ein zweites zu Hause zurückgelassen zu haben.

Nach der zweiwöchigen Pause über die Neujahrs- und mazedonisch-orthodoxen Weihnachtsfeiertage war die Rückkehr zur Arbeitsroutine leichter als erwartet. Mittlerweile waren wir alle mit den Arbeitsabläufen vertraut und ein mehr oder weniger gut eingespieltes Team. Doch mit dem neuen Jahr stand auch viel zu schnell ein sehr trauriger Abschied von einer Freiwilligen aus Frankreich an. Nach drei Monaten zusammenleben und zusammenarbeiten war es nicht leicht, sich zu verabschieden, aber das Versprechen einer baldigen Rückkehr zum Besuch und die sehr zeitnahe Ankunft vier neuer Freiwilliger aus der Slowakei und Polen haben sehr dabei geholfen. Mit den vielen Neuankünften war das Büro so voll wie nie zuvor und nach der Eingewöhnungszeit ist jetzt auch unser gemeinsamer Kalender so voll mit Aktivitäten wie nie zuvor. Der frische Wind und die neue Energie der neuen Gruppe hat neuen Schwung in unsere Arbeit, aber auch unsere Freizeitgestaltung gebracht. 

Zum Einstieg in das neue Jahr habe ich mit einer Freiwilligen aus Frankreich ein echtes Herzensprojekt realisiert: Wir haben einen Silent Book Club gegründet, dessen mittlerweile dritte Ausgabe bald ansteht. Nachdem ich zwei Monate infolge eine zunehmende Schreibblockade entwickelt habe, was die Artikel für das Magazin anbelangt, habe ich nun neue Methoden und eine neue Art von Schreiben mit Hilfe von Goran, einem ehemaligen Journalisten, der bei der Organisation arbeitet, ausprobiert. Und nach einem sehr viel weniger stressigen Monat trotz kürzerer Fristen, da die nächste Aprilausgabe von VOICES gedruckt wird, kann ich nur sagen, dass die Gespräche mit Goran und seine Strategien sehr geholfen haben. Die neu gewonnene Zeit durch den geringeren Schreibaufwand diesen Monat, habe ich in die Planung eines Workshops zusammen mit einer Freiwilligen aus der Slowakei gesteckt. Es war eine schöne Erfahrung, unsere gemeinsame Leidenschaft für ostasiatische Sprachen mit den Menschen hier zu teilen und gemeinsam voneinander zu lernen. So entdeckte ich meine Liebe für Workshops neu und habe beschlossen, dass sie ein Teil unserer Arbeit sind, den ich regelmäßiger übernehmen möchte. Ein weiterer Teil unserer Arbeit, den ich noch nicht vollständig kennengelernt habe, ist der Podcast. Obwohl der zum Zeitpunkt des letzten Berichts eigentlich fast abgewickelt war, ist er noch immer am Werden: erst gab es einen Wechsel der Interviewpartnerin, dann ein neues Konzept und Schwierigkeiten bei der Terminfindung, aber ab jetzt geht hoffentlich alles gut, so dass ich im nächsten Bericht von dieser Erfahrung erzählen kann.

Auch in der Freizeitgestaltung hat sich einiges getan. Seit Mitte Januar gehe ich mit einer Freiwilligen aus Polen zweimal die Woche zum Yoga-Unterricht, ein Hobby, das ich schon lange ausprobieren wollte und Ruhe sowie eine neue Routine in jede Woche bringt. Ein Tagestrip in die wunderschöne Kleinstadt Kratovo und zur Steinformation Kuklica sowie über die Wintermonate verteilte Besuche der Museen der Stadt, haben mich auch meinen Zielen für die Erkundung der Kunst und Geschichte der Stadt und des Landes nähergebracht. Mit den beiden Freiwilligen aus der Slowakei habe ich auch an einer Stadttour teilgenommen, auf der ich mehr über mittlerweile gutbekannte Orte gelernt, als erwartet. 

In den letzten beiden Wochen ist dann auch endlich der langersehnte Frühling eingebrochen, den wir gleich mit einem Karaoke-Abend willkommen geheißen haben. Endlich können wir wieder draußen im Hof arbeiten und uns von süßen Dauergästen Badem und Matcka, den beiden quasi-Bürokatzen, ablenken lassen. Der Einzug des Frühlings markiert allerdings auch, dass fast die Hälfte meines Projekts hier vorbei ist: das heißt, ich kann einerseits auf wunderbare fünf Monate zurückblicken, die mir vielen kostbare Erinnerungen und tollen Menschen gebracht haben. Andererseits heißt es aber auch, dass ich mich auf weitere fünfeinhalb Monate voller neuer Begegnungen und Erfahrungen freuen kann. Von diesen werde ich im nächsten Bericht erzählen. Се гледаме! 

Sophia Abegg

Sophia verbringt ihren Freiwilligendienst im Volunteer Centre Skopje, ihr Projekt wird ko-finanziert von der Europäischen Union.