Hallo! Ich bin Sophie und mache momentan meinen ESK-Freiwilligendienst in einem botanischen Garten in Blanes, Spanien. Mittlerweile sind schon zwei meiner neun Monate hier vorbei und ich muss sagen, die Zeit ging schneller vorbei als gedacht. Am Anfang war natürlich noch alles neu und ungewohnt, aber mittlerweile würde ich sagen, dass ich mich sehr gut eingelebt habe.
Meine Arbeitswoche besteht aus drei Tagen Gartenarbeit und zwei Tagen Arbeit an anderen Projekten im botanischen Garten. Die Gartenarbeit ist sehr vielseitig. Der botanische Garten ist in drei Bereiche gegliedert – den ersten, zweiten und dritten Garten – und Henrike, die andere Freiwillige, und ich haben bis jetzt jeden Monat in einem anderen davon gearbeitet. Im Oktober waren wir im zweiten Garten und haben dort hauptsächlich Sträucher zurückgeschnitten, verblühte Pflanzen entfernt und Wege geharkt, aber auch Unkraut gejätet und neue Setzlinge gepflanzt. Im November haben wir im dritten Garten gearbeitet und waren im Wesentlichen damit beschäftigt, zu versuchen, eine invasive südafrikanische Pflanzenart im Schach zu halten, die sich überall ausbreitet. Jetzt, im Dezember, werden wir im ersten Garten arbeiten.
Donnerstags und freitags sind dann unsere „Bürotage“, wobei das ganze mit klassischer Büroarbeit relativ wenig zu tun hat. Eine der Aufgaben ist zum Beispiel unser Vogelzählprojekt: Jeden Donnerstag füllen wir die Futterspender im ganzen Garten auf, und am Freitag zählen wir, welche Vögel die Futterspender besuchen. So soll herausgefunden werden, wie Faktoren wie beispielsweise die Jahreszeiten das Verhalten der unterschiedlichen Arten beeinflussen. Außerdem arbeiten wir an der Samendatenbank mit und haben dafür verschiedene Früchte gesammelt, die Samen von der Frucht getrennt und gereinigt und in Tüten abgefüllt. Die Samen tauscht der Garten mit anderen botanischen Gärten und Universitäten.
Eine weitere Aufgabe ist die Mitarbeit an den Herbarien. Hierfür trocknen und pressen wir Pflanzen aus dem Garten, kleben sie auf spezielles Papier auf und tragen sie in eine Datenbank ein. Schließlich gibt es immer wieder noch andere kleinere Projekte, bei denen wir mithelfen. Beispielsweise haben wir im Oktober geholfen, eine kleine Ausstellung über verschiedene Kürbisssorten zu gestalten, und aktuell sind wir damit beschäftigt, Königsumhänge für drei Kakteen zu nähen, um sie zu Weihnachten als heilige drei Könige zu verkleiden.
Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß, nicht zuletzt auch deshalb, weil all meine Kolleg*innen einfach unglaublich nett sind und das Arbeitsklima wirklich angenehm ist. Eins meiner Highlights der letzten Wochen war deshalb auch die gemeinsame Weihnachtsfeier mit allen Mitarbeitenden des Gartens. Es wurde gegrillt und Henrike und ich haben für alle Glühwein gemacht, drei der Gärtner haben Gitarre gespielt und gesungen und wir haben gewichtelt.
Auch in meiner Freizeit wird es selten langweilig. Die ersten Wochen bin ich fast jeden Tag im Meer schwimmen gegangen und habe ausgenutzt, dass der Strand nur etwa 100m von der Wohnung, die Henrike und ich uns teilen, entfernt ist. Zum Schwimmen ist es mittlerweile zu kalt, auf – und leider öfters auch im – Wasser bin ich dennoch häufig – und zwar, weil ich mich einem Stand-up-Paddel-Team angeschlossen habe, mit dem ich zweimal die Woche trainiere! Ich wurde dort von allen sehr herzlich aufgenommen und das Training macht unglaublich viel Spaß. Es gibt nichts idyllischeres, als auf dem SUP-Board an der Küste entlangzupaddeln, während gerade die Sonne untergeht und ich komme danach immer sehr ausgepowert und glücklich nach Hause.
Zusätzlich hatten Henrike und ich bis jetzt zweimal in der Woche Katalanischunterricht, der vom ESK finanziert wurde, und tatsächlich merke ich, dass ich mittlerweile ein bisschen mehr verstehe als am Anfang, was ziemlich cool ist. Allerdings habe ich mich dazu entschieden, den Katalanischkurs jetzt, wo ich den „Basic 1“-Kurs abgeschlossen habe, nicht weiterzumachen, sondern stattdessen ab Januar Unterricht in Castellano, also dem „normalen“ Spanisch, zu nehmen – Tatsächlich bin ich nämlich völlig ohne Spanischkenntnisse hierhergekommen. Und obwohl das manchmal ein bisschen schwierig sein kann, weil zum Beispiel auch einige von den Gärtnern kein Englisch können, klappt es eigentlich ganz gut mit der Verständigung, wenn man sich ein bisschen Mühe gibt. Trotzdem möchte ich die Chance nutzen und in den restlichen sieben Monaten möglichst viel Spanisch lernen. Auch wenn ich also ab jetzt nicht weiter hingehen werde, bin ich trotzdem froh, den Katalanischkurs gemacht zu haben, weil die Sprache ein extrem wichtiger Teil der katalanischen Kultur ist und ich das Gefühl habe, dass ich sie dadurch, dass ich so zumindest die grundlegendsten der Grundlagen verstehe, noch mal auf einer tieferen Ebene erleben kann.
Im Allgemeinen lernt man die Kultur eines Landes oder einer Region ganz anders kennen, wenn man dort eine Zeit lang lebt, als wenn man dort nur Urlaub macht. Ein weiteres Highlight war zum Beispiel für mich, als Carles, unser Betreuer, uns zu sich nach Hause eingeladen hat, um für uns Paella zu kochen. Er hat uns erklärt, dass es dabei viele kleine mehr oder weniger verrückte Regeln gibt, die eingehalten werden müssen, zum Beispiel soll man die Pfanne zwischendurch mehrfach drehen und es darf – zumindest hier in der Region – auf gar keinen Fall Zwiebel in die Paella. Aber auch die Castanyada, also die Feierlichkeiten um Allerheiligen herum, bei denen überall auf den Straßen geröstete Esskastanien und Süßkartoffeln verkauft werden, durfte ich schon miterleben; Xavi, der Trainer des Stand-up-Paddel-Teams, hat mir typisch katalanisches Gebäck wie Xuixos und Neules aus seiner Konditorei zum Probieren gegeben und im Katalanischunterricht haben wir unter anderem etwas über den „Tió de Nadal“ gelernt, einen magischen Baumstamm, der Geschenke kackt, wenn man auf ihn einschlägt und der in Katalonien den Weihnachtsmann ersetzt.
An den Wochenenden unternehme ich viel, oft gemeinsam mit Henrike. Wir machen häufig organisierte Reisebus-Tagestouren für junge Leute von Barcelona aus und sind auf diese Weise beispielsweise schon nach Zaragoza, in die Klamm Mont Rebei und nach Andorra gekommen. Außerdem haben wir einen Tagesausflug nach Girona gemacht und gerade sitzen wir im Zug nach Madrid, wo wir zwei Nächte verbringen werden. Aber auch Barcelona und andere Städte in der Umgebung habe ich mir schon angeschaut.
Auf diese Weise sind die ersten zwei Monate wahnsinnig schnell verflogen. Es war bis jetzt auf jeden Fall eine wirklich spannende Zeit voller neuer Erfahrungen und ich bin sehr gespannt, was die nächsten sieben Monate bringen!
Sophie
Sophie verbringt ihren Freiwilligendienst im Botanischen Garten Marimurtra der Carl Faust Foundation. Ihr Projekt wird kofinanziert von der Europäische Union.